Die Haltung von Vögeln im Innenraum

 

Licht ist entscheidend für ein optimales Wohlbefinden

 

Eine optimale Haltung von Vögeln gelingt in kombinierten Innen- und Aussenvolieren. Nichtsdestotrotz werden zahlreiche Vögel, besonders auch Papageien, ausschliesslich in Innenräumen gehalten. Das muss nicht immer schlecht sein. In loser Folge gingen wir auf einige wichtige Punkte ein, die eine dauerhafte Haltung im Innenraum gut möglich machen.

 

 

Äusserst wichtige Punkte in der Vogelhaltung sind das Licht und die frische Luft. Vögel in Aussenvolieren können sich ins gleissende Sonnenlicht setzen, erfahren das Wechselspiel von Sonne und Schatten und nehmen all die farblichen Eindrücke wahr, die durch den Einfall von natürlichem Licht entstehen. Zudem können sie sich in den Wind setzen und atmen die frische Luft ein. Das alles entgeht vielen Tieren in Innenräumen. Wie oft hört man, dass Vögel im Keller gehalten werden. Aber sollen nur Privilegierte Vögel halten können? Menschen, die über Grundbesitz verfügen? Wie sieht es mit den vielen Vögeln aus, die in Mietwohnungen gehalten werden? Natürlich sollen auch Mieter und Menschen, die über kein eigenes Land verfügen, Vögel halten können.
In diesem Zusammenhang möchte ich an die Vögel erinnern, die vorbildlich in Innenvolieren in zoologischen Gärten gehalten werden, also unter zimmerähnlichen Bedingungen. Auch der Altmeister der
Vogelhaltung und Autor des Standardwerks «Fremdländische Stubenvögel», Karl Russ (1833-1899), hielt seine Vögel in seinen berühmten Vogelstuben in Berliner Mietshäusern. Nebenbei bemerkt: Er musste wegen seiner manchmal ausufernden Vogelliebhaberei mehrmals die Wohnung wechseln.
Wichtig ist, dass die
Vogelhaltung den Verhältnissen angepasst wird. Wer in seiner Wohnung nur einen Käfig von 1x1x1 Meter aufstellen kann, sollte darin keine Amazonen, Grau- oder Mohrenkopfpapageien halten, sondern Agaporniden, Sperlingspapageien, Prachtfinken oder Kanarienvögel. Die Haltung von Aras, auch wenn es kleinere Arten sind, gelingt kaum in der Wohnung. Hingegen lassen sich die Unzertrennlichen hervorragend in schön gestalteten Volieren im Wohnbereich halten. Es bereitet viel mehr Freude und Befriedigung, kleinere Vögel fliegen zu sehen, als Grosspapageien in beengten Verhältnissen zu halten. Heute gibt es viele Möglichkeiten, das Leben der Vögel im Innenraum durch den Einsatz von Lampen angenehmer zu gestalten. Viele Keller befinden sich im Tiefparterre, sodass natürliches Licht durch Fenster einfällt. Die Haltung in einem düsteren, muffigen Kellerraum ist abzulehnen.
Eine Zimmervoliere in der Wohnung sollte immer in der Nähe eines Fensters stehen. Auch eine Anlage, die ausschliesslich über Innenvolieren verfügt, sollte den Tageslichteinfall ausreichend durch Fenster garantieren. So erhalten die gefiederten Freunde natürliches Sonnenlicht und nehmen, obwohl sie drinnen sind, die wechselnden Lichtverhältnisse wahr. Die Fenster können auch vergittert werden, damit sie im Sommer geöffnet werden können und das Sonnenlicht direkt auf die Vögel fällt und frische Luft zirkulieren kann.
Oft sind Innenräume für Vögel nicht optimal mit Fenstern versehen. Manchmal dämpfen Glasbausteine das Tageslicht. In Vogelzimmern in Mietwohnungen erhalten die vorderen Volieren ausreichend natürliches Licht, die Vögel, die im hinteren Bereich des Zimmers gehalten werden, fristen ihr Dasein im Halbdunkeln, da die zahlreichen Gitter und Wände zusätzlich Licht schlucken.

 

Kaum Literatur zum Licht

 

Während für Aquarianer undTerrarianer die künstliche Beleuchtung selbstverständlich ist und sie eine grosse Auswahl an Lichtsystemen haben, gibt es für den Vogelliebhaber kaum Literatur zu diesem Thema. Für Vögel in Innenräumen mit spärlichem Tageslicht werden meistens lediglich Fluoreszenzröhren als künstliche Lichtquellen verwendet. Wenn auch die Röhren desTyps True-Lite II, BÄ-RO True Day oder Osram Biolux ein Spektrum des natürlichen Tageslichtes erreichen, das mit Wellenlängen von 290 bis 750 nm und einer Farbtemperatur von 5500 K bis auf 96 Prozent ans natürliche Licht herankommt, so ist es doch nur ein Grundlicht. Auch die «Arcadia Bird Lamp» gibt ein tageslichtähnliches Spektrum ab. Diesem Licht wurde ein UV-strahlender Phosphor beigemischt, der für 12 Prozent UVA- und 2,4 Prozent UVB-Licht verantwortlich ist.
Neuere Forschungen haben ergeben, dass Vögel nicht nur die vier Grundfarben sehen, sondern auch zwischen zwei UV-Wellenlängen unterscheiden können. Beim Einsatz von Fluoreszenzröhren ist immer ein Vorschaltgerät zu empfehlen. Die Röhren haben ein Flimmern, das unser Auge kaum wahrnimmt, das für die Vögel aber sehr störend sein kann. Wenn der Lichtton auch in etwa demjenigen des Tageslichts entspricht, so ist es doch völlig unnatürlich, einen Raum für Vögel während 12 Stunden mit Fluoreszenzröhren auszuleuchten, die ein immer gleiches, reizarmes Licht verbreiten. Wenn dazu das Sonnenlicht einfallen kann oder die Vögel zusätzlich eine Aussenvoliere aufsuchen können, ist eine Beleuchtung mit Fluoreszenzröhren ausreichend. Ansonsten empfiehlt sich das zeitweise Zuschalten anderer Lichtquellen.

 

Tropische Vögel in der Natur

 

Es ist sinnvoll, wenn wir einen Blick auf die natürlichen Lebensbedingungen unserer Pfleglinge werfen. Meistens werden tropische Arten gehalten, deren Verbreitungsgebiete nahe beim Äquator liegen. Ein 12-Stunden-Tag ist also angebracht. Von meinen Aufenthalten in den Tropen weiss ich, dass der Tag manchmal mit goldigem, gleissendem Sonnenlicht beginnt, das vom Morgenland her über das Kronendach des Regenwaldes leuchtet. Die Tage können in den Tropen aber auch düster und neblig beginnen, die Sonne bricht erst am späten Vormittag richtig durch oder es bleibt den ganzen Tag über diesig. In den trockenen Perioden scheint die Sonne häufiger ganztags, während der Regenmonate aber erfolgt ein Wechselspiel mit goldgelbem Sonnenlicht, düsterem, wolkenverhangenem, manchmal fast schwarzem Himmel und grauen Schleierwolken. Niemals sind die Lichtverhältnisse gleich.
Wie verhalten sich die Vögel in der freien Natur? Ich konnte oft beobachten, wie sich Papageien und andere tropische Vögel nach Regengüssen dankbar in das gleissende, trocknende Sonnenlicht setzten. Auch des Morgens sassen sie meistens auf den obersten Ästen im Sonnenlicht. Über die Mittagsstunden traf ich sie im Laub eines Baumes an, das sie vor der Hitze schützte. Das oft gehörte Argument, Regenwaldbewohner sässen nicht gerne an der Sonne, ist falsch. Zeitweise exponieren sie sich sehr gerne. Beachtenswert ist auch, dass die mittlere Beleuchtungsstärke eines Tages in den Tropen bis zu 120000 Lux betragen kann. Bei uns in der gemässigten Zone beträgt sie im Sommer zwischen 50 000 und 100 000 Lux. Diese Lichtintensität können wir mit Kunstlicht nie erreichen. Es leuchtet aber ein, dass es nicht natürlich ist, den Vögeln während des ganzen Tages ein gleich bleibendes, reizarmes Licht zu bieten.

 

Zusätzliches Kunstlicht

 

Sinnvoll ist es, stundenweise zusätzliche Lichtquellen wie Vollspektrumlampen oder Gewächshausleuchten zuzuschalten. Gut geeignet haben sich bei uns Spezialleuchten oder Gewächshausleuchten vom Typ PF400S (Ifosaki-Lampen). Die Lampen geben im Abstand von einem Meter 15 000 Lux ab und haben einen hohen Wirkungsgrad von 60 Prozent, ähnlich dem von Fluoreszenzröhren. Der Stromverbrauch liegt allerdings bei 450 Watt pro Stunde. Die Lampen werden auch in zoologischen Gärten oder Gärtnereien zur besseren Ausleuchtung von Schauräumen oder zur zusätzlichen Beleuchtung von Pflanzen verwendet.
In unserer Innenanlage habe ich versucht, den tropischen Jahresverlauf des amazonischen Tieflandes nachzuahmen. Dazu plante ich Monate ein, in denen die Gewächshausleuchten nur spärlich zugeschaltet wurden, sorgte für eine hohe Luftfeuchtigkeit und dafür, dass regelmässige künstliche Beregnungen ausgelöst wurden. Oftmals begannen die Vögel mit dem Brutgeschäft während dieser Monate. Bei Ende der Brut schaltete ich die intensiven Lampen öfter zu, um so die Trockenperiode anzukündigen. Auch ging ich sparsamer mit dem Wasser um. Oft konnte ich beobachten, dass sich Aras oder Amazonen beim Zuschalten der Gewächshausleuchten direkt in den Lichtkegel setzten, der übrigens auch UV-Licht abgab. Später zogen sie sich in eine düstere Ecke der Voliere zurück. Es ist also wichtig, dass die Vögel dem Licht immer ausweichen können. Vögel, besonders auch kleinere Arten, die stetig einer Fluoreszenzröhre oder einem sonstigen Lichtstrahler ausgesetzt sind, leiden manchmal unter dem Elektrosmog.
Der deutsche Papageienzüchter und Autor verschiedener Fachartikel Rudolf K. Wagner bestrahlte seine Langflügelpapageien während mehrmals 10 Minuten täglich mit einer Höhensonne, dabei stellte er eine zunehmende Aktivität der Vögel fest. Nachdem unser mit Tageslicht leider nicht optimal ausgeleuchteter Vogelraum mit den Fluoreszenzröhren als Grundlicht und den Gewächshausleuchten als künstliches Sonnenlicht ausgestattet war, habe auch ich mich wohler darin gefühlt. Die Vögel wirkten entspannter. Zudem war es nun möglich, auch tropische Pflanzen, die vorher nie wuchsen, in den Wartungsgängen oder über den Volieren zu kultivieren.
Ich erachte es als ein gutes Zeichen, wenn Pflanzen in einem Vogelraum nicht nur erhalten werden, sondern auch gut wachsen. Für die Blütenbildung benötigen anspruchslose Pflanzen 2000 Lux und mehr. Sie schaffen ein optimales Umfeld für unsere Pfleglinge, die ja aus Lebensräumen stammen, die von Pflanzen dominiert sind. In zoologischen Gärten erhält man zahlreiche Ideen, wie Vogelräume künstlich beleuchtet, gestaltet und ausgestattet werden können.
Schaltet man eine Vollspektrumlampe zu, dann entsteht ein Licht ähnlich einem Sonnenstrahl, der durch die Wolken bricht. Das Gefieder glitzert in schimmernden Farben, die sonst kaum zur Geltung kommen. Mit wechselnden künstlichen Lichtverhältnissen ändert sich tagsüber immer wieder etwas im Vogelraum, ähnlich wie in der Natur. Der Lebensraum unserer Pfleglinge wird bereichert.

Lars Lepperhoff

Tierwelt, Nr. 14, 2007